JAHRTAUSEND-FINSTERNISRingförmige Sonnenfinsternis am 15.01.2010IMPRESSUM EMAIL-KONTAKT © Sonnenfinsternis.org 2003 - 2011, all rights reserved |
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DIE SONNENFINSTERNIS AM 15.01.2010 IM RÜCKBLICKDie Sichtbarkeitszone (Diagramm von Fred Espenak) der ringförmige Sonnenfinsternis am 15.01.2010 begann im Dreiländereck Kamerun/Zentralafrikanische Republik/Tschad. Bereits hier dauerte die ringförmige Phase über 7 Minuten. Binnen 20 Minuten überquerte der Gegenschatten des Mondes den afrikanischen Kontinent (Karte). Die südlich der Zentrallinie gelegene kenianische Hauptstadt Nairobi erlebte den Feuerring am frühen Vormittag für 6m53s, Buur Gaabo an der Küste des indischen Ozeans für nahezu 9 Minuten. Während die Zentralzone entlang des Äquators auf das Meer hinaus zog, nahm die Länge der Finsternis weiter zu; nördlich der Seychellen, die nur knapp verfehlt wurden, waren es bereits 10m30s. Einige hundert Kilometer südwestlich der Malediven wurde bei den Koordinaten 01°37′40′′N/69°13′37′′E das Maximum der Finsternis erreicht mit 11m10s Dauer und einer Magnitude von 0,919 (entspricht einer Flächenbedeckung von 84,6%). Damit war dies die längste ringförmige Sonnenfinsternis des 3. Jahrtausends! Über Male, der Hauptstadt der Malediven (Karte) schwebte der Mond für 10m35s vor der Sonne, 20 Minuten später waren es in Jaffna auf Sri Lanka immerhin noch 10m04s. Nachdem die Zentralzone den Süden Indiens und den Norden Sri Lankas passiert hatte (Karte), überquerte sie den Golf von Bengalen in nordwestlicher Richtung. In Myanmar (Karte) erreichte sie erneut das asiatische Festland, die Finsternisdauer war jetzt wieder unter 9 Minuten gesunken. Gut 10 Minuten später erreichte der Feuerring China (Karte). In der genau auf der Zentrallinie gelegene Stadt Chongqing (die nur 6 Monate vorher eine totale Sonnenfinsternis erlebt hatte!) vergingen 7m52s zwischen 2. und 3. Kontakt, in Quingdao waren es kurz vor Sonnenuntergang noch 7m38s. Augenblicke später endete die ringförmige Verfinsterung an der Küste des Gelben Meeres. Im größten Teil Afrikas (mit Ausnahme des Westens), in ganz Asien, im Südosten von Europa, im mittleren und nördlichen Indischen Ozean sowie in Teilen des Westpazifiks war diese SoFi als partielle Sonnenfinsternis sichtbar. Hohe Bedeckungsgrade, die zu einer wahrnehmbaren Abschwächung des Tageslichtes führten, wurden in Zentral- und Ostafrika, auf den Seychellen, den Komoren und Madagaskar, in Indien, in China, in der Mongolei und in den Ländern Südostasiens erreicht. So erlebte der bekannte Urlaubsort Pattaya in Thailand eine 54prozentige Verfinsterung der Sonnenscheibe. Daten zur FinsternisAllgemeine Angaben
Kenndaten des Finsternismaximums
Quelle: NASA Solar Eclipse Page
Die nachfolgenden Diagramme wurden erstellt mit Win-Eclipse 3.0 von Heinz Scsibrany Verlauf der Zentralzone am 15.01.2010 über Ostafrika.
Verlauf der Zentralzone am 15.01.2010 bei den Seychellen.
Mitte der ringförmigen SoFi am 15.01.2010 in Nairobi; 83.3% der Sonnenscheibe bedeckt; Dauer 6m53s.
Partielle SoFi in Victoria/Seychellen am 15.01.2010; 83.9% der Sonnenscheibe bedeckt.
Verlauf der Zentralzone am 15.01.2010 über den Malediven und Indien.
Maximum der ringförmigen SoFi am 15.01.2010 auf 01°37'40''N/69°13'37'E, 84.6% der Sonnenscheibe bedeckt; Dauer 11m10s.
Mitte der ringförmigen SoFi am 15.01.2010 in Male; 84.6% der Sonnenscheibe bedeckt; Dauer 10m32s.
Partielle SoFi in Colombo am 15.01.2010; 83.3% der Sonnenscheibe bedeckt.
Partielle SoFi in Madras/Indien am 15.01.2010; 82.4% der Sonnenscheibe bedeckt.
Verlauf der Zentralzone am 15.01.2010 über China.
Mitte der ringförmigen SoFi am 15.01.2010 in Puyang/China; 82.4% der Sonnenscheibe bedeckt; Dauer 2m14s; Sonne 5.3° über dem Horizont.
Partielle SoFi in Pattaya/Thailand am 15.01.2010; 54.0% der Sonnenscheibe bedeckt.
Die Sonnenfinsternis vom 15.01.2010 zog wegen ihrer Rekordlänge viele astronomisch interessierte Menschen an, auch wenn sie wegen des geringen Bedeckungsgrades der Sonnenscheibe nicht sonderlich spektakulär war. Mit Kenia und den Malediven passierte der Feuerring touristisch hervorragend erschlossene Urlaubsländer. Die Kulturreiseziele Indien, Myanmar und China boten weitere Beobachtungsmöglichkeiten. Wer das Wetterrisiko minimieren wollte, für den waren trotz etwas kürzerer Dauer der ringförmigen Phase aufgrund der hervorragende Klimastatistiken Myanmar oder den benachbarten Süden Chinas von besonderem Interesse. Die Klimatabelle und die Wetteranalyse von Jay Anderson boten hervorragende Entscheidungshilfen. Großes Interesse fand die Finsternis in der Bevölkerung, wie Berichte aus Ostafrika und Asien zeigen. Auf den Malediven war aus Anlass der SoFi sogar die erste wissenschaftliche Vereinigung des kleinen Landes gegründet worden; in Sri Lanka lenkte der Verlauf der Zentralzone den Blick auf die tamilischen Gebiete, in denen der lange Bürgerkrieg gerade erst zu Ende gegangen war. Doch die bei weitem meiste Aufmerksamkeit genoss die Finsternis in Indien. Nach dem 22.07.2009 war es die zweite große SoFi binnen 6 Monaten, deren Zentralzone sich über den Subkontinent zog. Es gab nicht nur öffentliche Beobachtungen und Webcasts, sondern auch wissenschaftliche Studien. So sollte im Projekt "Eclipse Watch" das Verhalten von Tieren während der Finsternis studiert werden. Die Indische Weltraumbehörde setzte 11 Höhenforschungsraketen ein, um die Auswirkungen des durchziehenden Mondschattens auf die Erdatmosphäre zu untersuchen. Auf den Malediven wiederum hatte ein Gruppe Position bezogen, die sich mit dem sehr umstrittenen und bislang unbewiesenen "Allais-Effekt" beschäftigte. Wer übrigens - wie der Autor dieser Zeilen - vorher der Meinung war, dass eine Sonnenfinsternis mit einem derart geringen Bedeckungsgrad (82% der Sonnenscheibe) außer einer gewissen Lichtabschwächung keinen merklichen Einfluss auf die Umwelt nehmen könne, wurde deutlich eines Besseren belehrt. Was mit dem Wetter in Male geschah, kann man in unserem Bericht nachlesen. Nicht ganz so überraschend war der fotografische Nachweis der Chromosphäre und der inneren Korona durch eine kleine deutsche Gruppe am Nordrand der Zentralzone bei Varkala (Indien). In Mitteleuropa konnte man sich praktisch in Echtzeit über das Geschehen in der Zentralzone informieren, sowohl über Webcastings wie z.B. von AstroNation als auch über unsere beiden Info-Kanäle (Sonnenfinsternis-Chat und Twitter-Account) sowie über die hervorragende Infoseite von Alexander Birkner. |
DIE SONNENFINSTERNIS IN MITTELEUROPABei Sonnenaufgang kam es auch im Südosten des deutschsprachigen Raumes östlich einer Linie Sankt Pölten - Klagenfurt zu einer äußerst bescheidenen partiellen SoFi, die maximal 1% erreichte. Dies war schon deshalb schwierig zu beobachten, weil die Bedeckung am südlichen (= unteren) Rand der Sonnenscheibe stattfand. Aber dann machte auch das Wetter denjenigen, die diese Mini-Finsternis erhaschen wollten, einen Strich durch die Rechnung. Der Osten Österreichs lag wie ganz Mitteleuropa am Morgen des 15.01.2010 unter einer geschlossenen Wolkendecke. Bedeckungsgrad der Sonnenscheibe für verschiedene Orte in Mitteleuropa.
Partielle SoFi in Wien am Morgen des 15.01.2010; 0.3% der Sonnenscheibe bedeckt; Sonne am Horizont.
Satellitenbild (Sichtbares Licht, Ausschnitt) von NOAA 17 vom 15.01.2010, 09.24 MEZ.
Image courtesy to Dundee Satellite Receiving Station, Dundee University, Scotland. |
WAS WAR ZU SEHEN?
Die SoFi am 15.01.2010 war ringförmig, d.h. der Mond trat genau vor die Sonnenscheibe (es kam also zu einer zentralen Verfinsterung), ohne sie aber ganz zu bedecken. Der scheinbare Durchmesser des Mondes war in diesem Fall deutlich kleiner als derjenige der Sonne. Selbst im Maximum der Verfinsterung blieb rund um die Mondscheibe ein recht breiter Ring der Sonnenscheibe sichtbar, welcher gut 15% der gesamten scheinbaren Sonnenfläche entsprach. Das hört sich wenig an - aber: das auf rund 1/7 reduzierte Sonnenlicht ist immer noch rund 60000 mal heller als der Vollmond! Eine ringförmige SoFi darf deshalb in allen Phasen nur durch spezielle Schutzbrillen oder indirekt - mit Hilfe einer Projektion - beobachtet werden. Lesen Sie hierzu bitte den Artikel von Fred Espenak. Himmelsanblick während der SoFi am 15.01.2010. Diagramm erstellt mit RedShift 4
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LITERATUR UND QUELLEN ZUR SONNENFINSTERNIS AM 15.01.2010Ackermann, Gabriele & Jörg; Güdel, Sven; Heinsius, Stephan & Kotsiopoulos, Chris (2010): Ringförmige Sonnenfinsternis am 15. Januar 2010. Sterne und Weltraum 3/2010, 90-91. Anonymus (2009): Kosmischer Feuerring lockt zum Indischen Ozean. Reiseankündigung in Sterne und Weltraum 9/2009, 92-93. Galav, P.; Sharma, Shweta & Pandey, R. (2010): Total electron content in peninsular India during the eclipse of 15 January 2010. Current Science 99 (6), 731-732. Krause, Stefan (2010): Über den Dächern von Male - Sonnenfinsternis auf den Malediven am 15.1.2010. Sternzeit 2/2010, 57 - 66 & 77. Raponi, Andrea; Sigismondi, Constantino; Guhk, Konrad; Nugent, Richard & Tegtmeier, Andreas (2012): Solar limb darkening function and solar diameter with eclipses observations. arXiv:1201.0685v1 [astro-ph.SR]. Reisinger, Robert (2009): Elf Minuten Feuerring. Interstellarum 66, 38 - 41. |