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ÜBER DEN DÄCHERN VON MALE

Ringförmige Sonnenfinsternis am 15.01.2010

Sonnenfinsternis 2010

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Freitag, 15.01.2010, Teil I: Spannende Finsternis

Um kurz vor fünf werde ich wach; am offenen Fenster lausche ich den Muezzinen, die zum Morgengebet rufen - genau zu Beginn der astronomischen Dämmerung. Zwischen den üblichen nächtlichen Wolken sehe ich das Kreuz des Südens und die beiden "Pointer Stars". Ich werfe den Rechner an und arbeite etwas, während ich auf Merkur warte. Als er endlich über dem Haus auf der anderen Straßenseite erscheint, neigt sich die nautische Dämmerung bereits ihrem Ende zu. Etwas später, etwa 15 Minuten vor Sonnenaufgang, sind immer noch einige Wolken unterwegs. Ich dusche gemütlich, bereite in Ruhe die SoFi-Beobachtung vor und schreibe den Text zum zweiten Tagesbericht von gestern. Zwischendurch bin ich immer wieder auf Twitter aktiv. Markus Burch hat mir dankenswerter Weise neben dem letzten Foto der großen Sonnenfleckengruppe 1040 noch einmal eine aktualisierte Wettervorhersage gemailt: "Am Freitag gibt es viel Sonnenschein in Male und nur selten einige Wolken. Die Tiefstwerte liegen bei 26 Grad, die Höchsttemperaturen bei 31 Grad, und der Wind weht überwiegend mäßig aus Ost." . Nach dem Frühstück kehre ich noch einmal für etwa 45 Minuten ins Zimmer zurück, bevor es ernst wird.

Ich suche zunächst eine Position für die Kamera, mit der ich den Lichtabfall während der Finsternis dokumentieren möchte. Ein simples Experiment, das ich bereits 2005 in Spanien geplant hatte, aber wegen der Wolkenflucht damals nicht richtig durchführen konnte. Etwas Probleme bereitet der Webzugang, aber dank der hilfreichen und freundlichen Kellner ist das schnell gelöst. Sorgen macht nur das Wetter; die Konvektion war bereits zeitig am Morgen extrem heftig in Gang gekommen; jetzt zieht es sich immer mehr zu. Der erste Kontakt findet hinter Wolken statt, doch die Sonne kommt sofort wieder zum Vorschein. Ich fotografiere zuerst mit dem Filter der Stärke 3.5; selbst bei höchster Blende und niedrigster Belichtungszeit ist das Sonnenbild noch fast blendend hell. Ich wechsele also auf den stärkeren Filter. Das weitere Programm ist simpel: nämlich mit beiden Kameras alle 5 - 10 Minuten ein Foto machen.
Ich habe sowohl draußen auf dem Balkon als auch drinnen im Restaurant jeweils einen Tisch für mich. Das Notebook steht innen, ich bin natürlich im Sonnenfinsternis-Chat; nebenbei twittere ich die aktuelle Situation hier in Male. Ich erhalte selber via Chat ein paar interessante Infos, z.B. über Webcams auf Touristeninseln, die Leute mit SoFi-Brillen zeigen. Die Webcastings scheinen - mit technischen oder wolkenbedingten Unterbrechungen ganz gut zu funktionieren. Ich schaue nirgendwo rein, erfahre aber, dass der Stream von Sri Lanka statt der Sonne eine Kamera zeigt.

Die Kellner hier im Nalahiya begeistern sich mehr und mehr für die SoFi, ebenso wie ein Gast aus Malaysia, der das Ereignis zufällig erlebt. Es ist allerdings die Frage, ob wir das ganze Ereignis erleben werden, denn die Konvektion hat inzwischen eine Gewitterzelle hervorgebracht, die südlich von Male hängt; vorerst schickt sie nur ihren Zirrenschirm zu uns. Als rundherum immer mehr Wolkentürme hochschießen, scheint der Beobachtungserfolg sehr fraglich, denn bis zur Ringförmigkeit ist es noch mehr als eine Stunde - die ganze Finsternis dauert gut 4 Stunden! Da bleibt nur abwarten und frisch gepressten Mangosaft zu trinken.
Dann wird das bislang behäbige Geschehen plötzlich dramatisch: zuerst wird die charakteristische Lichtveränderung bemerkbar, mehr spürbar als wirklich sichtbar. Und dann brechen die Wolkentürme binnen Minuten zusammen. Es ist mit einem Mal auch kühler geworden, die stechende schwüle Hitze ist weg. Die Finsternis hat sich selber den Himmel freigeräumt; Male ist wolkenfrei. Aber die Luft kühlt sich noch weiter ab und es passiert das, was sonst am Abend geschieht: die Feuchtigkeit kondensiert aus, der ganze Himmel hängt wieder voller Wolken, hinter denen die Sonne erst einmal verschwindet; das Licht ist jetzt trostlos matt geworden. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass eine Abdeckung von lediglich 82% der Sonnenscheibe einen solchen Einfluss auf das Wettergeschehen hat. Auch die Lichtabschwächung ist überraschend stark; das könnte an dem hohen Sonnenstand liegen. Jetzt stehen alle auf dem Balkon und bestaunen das seltsame Geschehen. Die Sonne kommt wieder zum Vorschein; es ist ganz klar, dass der Mond viel zu klein ist, um sie vollständig abzudecken.

Um 12:16 Uhr erschallt der Ruf zum Mittagsgebet, um 12:20 ist der Feuerring komplett; ich gebe derweil ein Telefoninterview für den Deutschlandfunk. Da die Ringförmigkeit fast 11 Minuten dauert, ist danach noch Zeit genug für Fotos. Weil immer wieder dünne Wolken durchziehen (es fallen sogar ein paar Regentropfen), muss ich teilweise ohne Filter arbeiten - wie 2005 in Spanien und zuletzt in China. Da die Verhätnisse fast im Sekundentakt wechseln, gelingen zwischen den immer wieder notwendigen Filterwechseln nur wenige Aufnahmen. Das Fernglas mit den Filtern habe ich den Kellnern überlassen - ihre Begeisterung und die ganze Stimmung auf dem Balkon sind ein tolles Erlebnis. Ich vergesse darüber sogar, die fällige Erfolgsmeldung zu twittern. Auf den Häusern rundum stehen Menschen und schauen sich die Finsternis an; die Muezzine rufen immer noch - jetzt zum Finsternisgebet.

Etwa 30 Minuten nach dem 3. Kontakt hat das stärker werdende Sonnenlicht die auskondensierten Wolken wieder "weggebrannt", die Hitze kehrt zurück; westlich von Male geht noch ein Schauer nieder. So heftig wie am Morgen kommt die Konvektion nach Finsternisende nicht mehr in Gang. Ohne SoFi hätte es heute wohl ein paar Gewitter mehr gegeben. Nach dem 3. Kontakt führe ich mein Fotoprogramm mit beiden Kameras weiter, wobei ich nur noch wenige Sonnen-Fotos mache. Ich bestelle Mittagessen, trinke den dritten oder vierten frisch gepressten Mangosaft. Noch vor dem 4. Kontakt beginne ich mit der Auswahl der Fotos für den Bericht; etwa 90 Minuten nach dem 4. Kontakt sind die Bilder und das Video online. Die Bildreihe zur Lichtveränderung ist gut gelungen. Um 16:00 Uhr packe ich meine Sachen zusammen, eine spannende Finsternisbeobachtung geht zu Ende.

Kurz vor dem ersten Kontakt ist das Wetter nicht wirklich überzeugend
Kurz vor dem ersten Kontakt ist das Wetter nicht wirklich überzeugend.
Die Finsternis hat begonnen
Die Finsternis hat begonnen.
Ein leicht bearbeiteter Ausschnitt in Originalgröße zeigt deutlich di egroße Sonnenfleckgruppe mit der Nummer 1040
Ein leicht bearbeiteter Ausschnitt in Originalgröße zeigt deutlich die große Sonnenfleckengruppe mit der Nummer 1040.
Im Süden hängt eine Gewitterzelle
Im Süden hängt eine Gewitterzelle.
Im Westen sieht es besser aus
Im Westen sieht es besser aus.
Und auch die Sonne ist noch sichtbar
Und auch die Sonne ist noch sichtbar.
Panoramavideo mit der Gewitterzelle, die zu Beginn der Finsternis etwas Sorgen bereitet hat.
Die Gewitterzelle ist zusammengebrochen, doch jetzt kondensiert die Feuchtigkeit aus, weil es durch den Mondschatten abgekühlt ist
Die Gewitterzelle ist zusammengebrochen, doch jetzt kondensiert die Feuchtigkeit aus, weil es durch den Mondschatten abgekühlt ist.
Die Wolken bilden einen natürlichen Filter, wie 2005 in Spanien
Die Wolken bilden einen natürlichen Filter, wie 2005 in Spanien.
Noch ein paar Minuten ...
Noch ein paar Minuten ...
... und da ist der Feuerring!
... und da ist der Feuerring!
Gleich noch einmal
Gleich noch einmal.
Allmählich hat der Mond die Sonne überquert
Allmählich hat der Mond die Sonne überquert.
Das Ende der Annularität ist erreicht
Das Ende der Annularität ist erreicht.
Und das war es - fast 11 Minuten ringförmige SoFi
Und das war es - fast 11 Minuten ringförmige SoFi.
Der Mond gibt die Sonne frei und ...
Der Mond gibt die Sonne frei und ...
... Stadt und Meer liegen wieder im hellen Sonnenlicht
... Stadt und Meer liegen wieder im hellen Sonnenlicht.
Nach gut 4 Stunden geht diese wirklich lange SoFi zu Ende
Nach gut 4 Stunden geht diese wirklich lange SoFi zu Ende.
Ablauf der Sonnenfinsternis (Bilder bearbeitet), aufgezeichnet auf dem Dachbalkon des Nalahiya-Hotels.
Helligkeitsverlauf während der Sonnenfinsternis, aufgezeichnet auf dem Dachbalkon des Nalahiya-Hotels.