Dieser Bericht basiert auf dem Livereport, den wir während unserer Reise in China erstellt haben.
DIENSTAG, 29.07.2008: Regen in der Wüste
Ich werde bereits gegen halb sechs am Morgen wieder wach. Hoch über den Dächern der Stadt steht der abnehmende Mond in der Morgendämmerung (Panorama-Foto). Eine gute Gelegenheit für ein paar Fotos, zumal der Erdtrabant ganz fotogen zwischen Aldebaran und Al Nath positioniert ist (Foto).
Noch 3 1/2 Tage bis zum Neumond
Da ich nicht mehr richtig müde bin, werfe ich sowohl mein Notebook (um die Fotos zu überspielen und zu komprimieren) als auch den PC an (um ins Web zu kommen). Unter anderem sende ich einen kurzen Status-Report auf die Solar Eclipse Mailing List:
Hi together,
yesterday we arrived at Jiayuguan. The weather was fine, about 27 degrees
Celsius and fresh wind. Could see the waning moon this morning at half past five from my hotel room in the center of the town. Now it is overcast and cool, maybe 18 degrees. This afternoon we will go - together with the Eclipse city team - on an inspection trip to the camp site at the center line. Some scientist will arive there in the evening, but most people will flock in on Thursday. Due to limited time we decided to write our report in German only; now the day logs until Monday are online at http://www.eclipse-reisen.de/2008/livebericht.htm .
Greetings from Jiayuguan!
Angi & Stefan
Während ich so den Arbeitstag beginne, hat Angi von ihrem Zimmer auf der anderen Seite des Hotels zum ersten Mal einen Blick auf die 5000er des Qilian Shan. Doch schon bald zieht es sich zu; gegen Mittag beginnt es dann zu regnen. Wir schauen uns zu dieser Zeit das Office von Eclipse City im etwa 300 Meter entfernten Jisco Hotel an. Angesichts des Wetters und der inzwischen bei uns beiden eingetretenen Müdigkeit ist unsere Lust auf eine Tour zur Camp Site eher gering. Hinzu kommt, dass wir dann dort wahrscheinlich einige Stunden verbringen müssen, weil Liu Si einiges zu tun haben wird. Da Stephan seine Foto- und Videoausrüstung mitnehmen wird, entscheiden wir uns schließlich dafür, in der Stadt zu bleiben und uns auf Stephans Bildmaterial zu verlassen.
Das Office von Eclipse City in Jiayuguan
Noch ein paar Feinarbeiten, dann ist das neue Opernhaus fertig
Die zur Straße hin gerichtete schwungvolle Fassade des Opernhauses
Diese Kreuzung ist (vielleicht) das Zentrum von Jiayuguan ...
... aber auf jeden Fall im Moment unser Zentrum, denn hier befindet sich unser Hotel
Statt einer Wüstentour gibt es nun einen Stadtrundgang, auf dem die vorstehenden Fotos gemacht werden. Leider müssen wir vorzeitig abbrechen, denn Liu Si ruft uns an, weil er dringend - binnen 30 Minuten (!) - noch Daten von zwei unserer Gruppen benötigt. Die Behörden - in diesem Fall in Jinta - haben sich mal wieder zu neuen "Sicherheitsmaßnahmen" entschlossen. Also schickt Angi folgende Email an unseren chinesischen Veranstalter:
Hallo Herr Bo,
gerade haben wir erfahren, dass die zwei Gruppen am Freitag, 1.8. nur mit zwei Bussen ins Camp fahren koennen. Zwei Busse mit zwei Fahrern und zwei Guides. Wir benoetigen die Kennzeichen der beiden Busse, die Namen der Fahrer und der Guides und eine Liste der Kunden in jedem Bus. Der Bus kann dann auch nicht mehr gewechselt werden. Wer auf der Liste registriert ist, muss auch in diesem Bus fahren. Koennen Sie uns in zehn Minuten eine solche Liste fuer die beiden Busse erstellen und per Email zuschicken? Das muss leider bis 13 Uhr noch nach Jinta an die Behoerden geliefert werden. Tut uns sehr leid, dass wir so draengeln muessen...
Mit freundlichen Grüßen aus Jiayuguan
Angela Weidenbach
REISEBÜRO IN DER SÜDSTADT GMBH
Binnen einer halben Stunde hatten wir dann tatsächlich die gewünschten Daten, und wir sind froh, dass wir diese Agentur haben.
Als das geklärt ist, gehen wir zum Mittagessen ins Hotelrestaurant, wo es (vermutlich) die einzigen westlichen Mahlzeiten in Jiayuguan gibt; ganz ordentlich, aber nicht wirklich überzeugend. Von nun an bleiben wir beim chinesischen Essen. Der Nachmittag sieht uns sehr lazy, wir gehen zum Teetrinken in die Hotellobby, machen einen Einkaufsbummel zur Markthalle. Auf dem Rückweg kauft Angi in einer kleinen Boutique ein gnaz originelles T-Shirt. Die Bedienungen dort - sie sprechen natürlich nur chinesisch - sind hellauf begeistert. Vermutlich hat sich bislang nie ein westlicher Tourist in ihren Laden verirrt. Wir gehen dann noch in einen Supermarkt, um unsere Vorräte an Mineralwasser aufzufüllen. Bei 18 Grad Außentemperatur und Dauerregen ist der Flüssigkeitsbedarf allerdings nicht allzu hoch.
Auch im Regen geht das Hupkonzert unverändert weiter, eigentlich rund um die Uhr - die Provinzstadt, die niemals schläft?!
Zwischendurch schauen wir immer wieder mal nach unseren Emails. Auf der Solar Eclipse Mailing List hat sich eine Diskussion über die Zugangsbeschränkungen entwickelt. Wie üblich schwirren Gerüchte und Halbwahrheiten herum - da hilft nur das Posten von Fakten:
Hi Michael,
we arrived in Jiayuguan yesterday. You will face definitely some inconviniences if you want to observe the TSE from the center line. There is just one approved observing site near the road that leads from Jiuquan to Jinta and then futher north. If you want to go further than Jinta you need a permit that could be obtained from the Eclipse City office in Jiayuguan. .... There will be another day camp at Jinta, where you will loose about 20 seconds of totality; I don't have any information how and where to get a permit for it: I suppose it's mainly for Chinese people. But if you stay in a hotel in Jiayuguan or Jiuquan you can observe from the hotel area or somewhere in the streets. The disadvantage is that the time in the umbra will be reduced to 1 minute.
That means: no difficuilties for those who want to observe from one of the towns, no way for those who have plans for observing from the center line and didn't apply for a permit. According to our latest information (we went to the Eclipse City office some hours ago) there will be around 400 people in the day camp at the center line, among them all our clients who have booked an eclipse tour to the Gansu area.
Greetings from Jiayuguan
Stefan
Um 19:00 Uhr sind wir mit Catalin und Emily zum Abendessen verabredet. Wir wollen zunächst zum Jiayuguan International Hotel am östlichen Stadtrand fahren. Dort sitzt ein amerikanischer Gast von Eclipse City Ltd. ganz allein in einem Hotel, in dem niemand Englisch spricht. Wir überlegen, ob wir dort draußen essen sollen oder lieber ins Zentrum zurückfahren, um in eine Garküche zu gehen. Dank Emily werden Sprachprobleme keine Rolle spielen. Doch kaum sitzen wir im Taxi, da meldet sich Rico per Mobilfunk. Er ist mit den Wissenschaftler-Gruppen (University of Hawaii, NASA & Eurastro) auf dem Weg von Dunhuang zum Camp an der Zentrallinie; so jedenfalls dachten wir bislang. Doch wegen des Regens hat man die Planung kurzfristig geändert: da bei dem Wetter dort draußen ohnehin keine sinnvollen Messungen gemacht werden können, werden die Leute im Great Wall Hotel übernachten; dort wird es auch ein Dinner geben, an dem wir teilnehmen sollen.
Wir schauen uns das Jiayuguan International, in das wir selber morgen umziehen sollen, kurz an und bestellen dann ein Taxi. Im Gegensatz zur Stadtmitte kann man sich hier, zumal am Abend, nicht darauf verlassen, dass mehrere Taxis pro Minute vorbeifahren. Selbst auf den bestellten Wagen müssen wir einige Zeit warten. Im Great Wall Hotel fällt uns als erstes ein großes Banner von Sky & Telescope ins Auge. Ein Blick auf das ausliegende Tagesprogramm dieser Gruppe zeigt uns, dass sie morgen weiterfahren, Richtung Xinjiang. In der Hotellobby treffen wir Shelly Ma, die das lokale Tourismusbüro leitet, das sich neben dem Eclipse City Office befindet. Ich habe Shelly Ma bereits im März 2007 auf der ITB getroffen; sie ist für Eclipse City die wichtigste Kontakperson in Jiayuguan und kümmert sich u.a. um alle Hotelbuchungen. Während wir in der Hotellobby mal wieder Tee trinken, kommen Xavier Jubier und Rico mit den Wissenschaftlern an. Nachdem die wichtigsten Neuigkeiten ausgetauscht sind, wird bei einem recht üppigem Dinner mit chinesischem Bier und Wein der Geburtstag von Manfred Rudolf von Eurastro (Reisebericht der Gruppe) gefeiert. Als wir fast fertig sind, treffen auch Stephan und Liu Si ein. Nun bekommen wir noch tagesaktuelle Bilder von der Camp Site zu sehen. Die Infrastruktur für die Wissenschaftler, die ja dort auch übernachten werden, steht komplett; der Campteil für die Tagesgäste wird aber erst am Mittwoch und Donnerstag aufgebaut. Als Stephan die Bilder gemacht hat, hat es in der Wüste geregnet ... für Freitag wünschen wir uns natürlich besseres Wetter. Da die Prognosen gut aussehen, macht sich darum im Moment auch niemand ernsthaft Sorgen.
Gegen 22:00 Uhr ist das Dinner beendet. Während die Wissenschaftler sich in ihre Zimmer zurückziehen, fahren wir mit den Eclipse City-Leuten und Shelly Ma in die Stadtmitte zurück. In der Markthalle lassen wir den Tag mit sensationell leckeren Lammspießen und Bier gemütlich ausklingen. Dabei erfahren wir so nebenbei von Shelly Ma, dass wir noch eine Nacht länger in unserem Hotel mit den komfortablen PCs auf den Zimmern bleiben können. Stephan und ich unterhalten uns noch bis weit nach Mitternacht vor dem Lift im 7. Stock des Jiayuguan Hotels. Feierabend ist aber noch nicht, denn ich möchte den morgigen Chat zur SoFi auf unserer Homepage etwas stärker herausstellen und natürlich sind wieder neue Emails eingegangen. So meldet Jörg Schoppmeyer aus Beijing, dass seine Tour gut angelaufen sei. Eine positive Nachricht zum Ende eines 20-Stunden-Tages.